Sunday, September 10, 2023

FAQ - Zwangsstörung

Jetzt hab ich schon eine Weile hier nichts mehr geschrieben. Das lag vorrangig daran, dass mein Zwang immer schlimmer geworden ist, es ist momentan sehr schwierig. Es ist tatsächlich mittlerweile so schlimm, dass ich mich nicht mal stationär aufnehmen lassen kann, da ich mich so verschmutzt fühle, dass ich sonst den Schmutz in dir Klinik tragen würde. Ende September ziehe ich um und hoffe, dass ich mich in der neuen Umgebung dann wieder etwas wohler fühle, denn im November komme ich wieder in die Klinik, aber dazu in einem anderen Post mehr.

Ich habe diesen Blog ja gestartet, da ich mehr über meiner Erkrankung (und psychische Krankheiten an sich) aufklären und dafür sensibilisieren will und jetzt ist mir aufgefallen, dass ich nie wirklich ein FAQ darüber gemacht habe, was eine Zwangsstörung eigentlich ist, deshalb möchte ich das jetzt machen :)

Also starten wir:



Was ist eine Zwangsstörung/was ist damit gemeint?

Eine Zwangsstörung (engl. kurz OCD) ist eine chronische und lang anhaltende Störung, bei der die betroffenen Personen unkontrollierbare, wiederkehrende Gedanken (Zwangsgedanken) und/oder Verhaltensweisen (Zwangshandlungen) aufzeigen, die sie gezwungen sind, immer und immer wieder zu wiederholen.


Was sind die Symptome/Anzeichen?

Zwangspatienten sind nahezu besessen von bestimmten Gedanken oder Verhaltensweisen oder beidem. Sie haben keine Macht darüber, es ist unkontrollierbar. Die Symptome beeinflussen signifikant den Alltag der Betroffenen, wie Arbeit, Schule, persönliche Beziehungen, und verursachen erheblichen Stress. Unterschieden wird in Zwangsgedanken (auch magisches Denken genannt) und Zwangshandlungen.

Zwangsgedanken sind sich wiederholende Gedanken, Verlangen oder mentale Bilder, welche Angstzustände auslösen. Häufige Symptome sind:

- die Angst vor Keimen und Kontamination 

- Unerwünschte verbotene oder tabooisierte Gedanken, welche sich beispielsweise um Sex, Religion oder das Schädigen und Verletzen anderer drehen 

- Aggressive Gedanken die sich gegen andere oder einen selbst richten

- Der quälende Gedanke Dinge perfekt ordnen oder symmetrisch ausrichten zu wollen 

- etc


Zwangshandlungen sind sich wiederholende Handlungen/Verhaltensweisen zu der sich die betroffenen Personen genötigt/gezwungen fühlen diese auszuführen. Dies geschieht als Reaktion auf vorangegangene Zwangsgedanken. Häufige Zwangshandlungen sind:

- Übermäßiges Hände waschen/Duschen oder reinigen

- Ordnen von Dingen auf eine ganz bestimmte, präzise Weise

- Übermäßiges und wiederholtes Kontrollieren, beispielsweise das wiederholte Kontrollieren ob die Tür verschlossen ist oder der Ofen aus ist 

- Zwanghaftes Zählen



An welchem Punkt spricht man von einer Zwangsstörung?

Nicht alle Rituale und Verhaltensweisen sind Zwänge. Jeder kontrolliert mal nach. Bei einer Person mit Zwangsstörung ist das ganze jedoch eben zwanghaft, unkontrollierbar.

- Betroffene können ihre Gedanken und Handlungen nicht kontrollieren oder steuern, obwohl sie diese meist selbst als übermäßig und übertrieben erkennen

- Betroffene widmen mindestens 1 Stunde am Tag diesen Gedanken und Handlungen (häufig geht es aber weit über eine Stunde hinaus)

- Sie empfinden dabei keine Erleichterung oder Wohlbefinden, im Gegenteil. Was die Betroffenen nach den Zwangshandlungen jedoch meist empfinden ist ein, zumindest kurzes, Nachlassen ihrer Ängste und der damit verbundenen Anspannung. 

- Sie erleben oft signifikante Probleme in Ihrem Alltag aufgrund der Zwangsgedanken und -handlungen

Die Symptome kommen und gehen wie sie wollen, die Betroffenen haben keine Kontrolle darüber. Auch können kann sich die Krankheit mit der Zeit verbessern, jedoch auch verschlimmern. Oft versuchen Betroffene Situationen zu vermeiden, die die Zwangsgedanken und/oder -handlungen auslösen (triggern). Die meisten Betroffenen sind sich durchaus im Klaren darüber, dass ihre Verhaltensweisen unsinnig und übertrieben sind, was eben die Krankheit klar von psychotischen Verhaltensweisen abgrenzen.


Was sind Gründe für eine Zwangsstörung?

Obwohl Zwangsstörung noch nicht vollständig erforscht sind, gibt es dennoch die Ansätze, dass eine Mischung aus Genetik, Umwelteinflüssen und neurologischer Faktoren eine Rolle in der Entstehung dieser Krankheit spielen. Zusätzlich können auch Abnormalitäten und ein Ungleichgewicht von Neurotransmittern im Gehirn, wie beispielsweise Serotonin, zur Entstehung beitragen. Äußere Einflüsse wie Stress und Traumata können ebenfalls ein Auslöser für Zwangssymptome sein. Beispielsweise können Personen nach einem traumatischen Erlebnis,  wie Missbrauch oder Naturkatastrophen, eine Zwangsstörung entwickeln. Jedoch ist wichtig zu erwähnen, dass, obwohl benannte Umstände das Risiko auf eine Zwangsstörung begünstigt, nicht jeder, der solches erlebt, auch diese entwickelt. 


Die Stigmatisierung von Zwangsstörungen und anderer psychischer Erkrankungen

Trotz der weiten Verbreitung von Zwangsstörungen gibt es immer noch ein erhebliches Stigma, das diese Erkrankung (und psychische Erkrankungen im Allgemeinen) umgibt. Viele Menschen mit Zwangsstörungen schämen sich für ihre Symptome und versuchen diese zu verstecken, was sie zumeist davon abhält, sich Hilfe zu suchen. 

Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass Zwangsstörungen eine echte und behandelbare Erkrankung sind und dass es ein Zeichen von Stärke und nicht von Schwäche ist, sich Hilfe zu suchen.



Interessante Statistiken und Fakten über Zwangsstörungen

- Frauen werden häufiger mit Zwangsstörungen diagnostiziert als Männer (dabei besagen Studien, dass Männer zwar zumeist in einem früheren Alter als Frauen diagnostiziert werden, Frauen jedoch häufiger stärkere Symptome entwickeln)

- Ungefähr Ein-drittel der Betroffenen haben zusätzlich auch Tick-Störungen, sowie andere psychische Erkrankungen, wie beispielsweise Panikattacken, Depressionen, etc

- Die häufigsten Zwangsgedanken und -handlungen umfassen die Angst vor Keimen/Verschmutzung, die Angst vor Schäden/Verletzungen und Gefahr oder unerwünschte sexuelle Gedanken und Vorstellungen 

- Die häufigsten Zwangshandlungen umfassen übermäßiges/übertriebenes Hände waschen, Kontrollverhalten und das wiederholend von Handlungen und/oder Worten (bitte nicht verwechseln mit den Verhaltensweisen einer Tourette Erkrankung, dies ist eine eigenständige Störung)

- Menschen mit Zwangsstörungen erleben aufgrund ihrer Symptome oft erhebliche Belastungen und Beeinträchtigungen in ihrem täglichen Leben

- Häufig zeigt eine Mischung aus Medikation und Therapie den gewünschten Erfolg und eine deutliche Reduktion der Symptome 

- Kinder die traumatischen Erlebnissen und/oder stressigen Lebensumständen ausgesetzt sind/waren, haben zumeist ein erhöhtes Risiko eine Zwangsstörung zu entwickeln 

- Zwangsstörungen sind eine recht weit verbreitete psychische Erkrankung. Etwa 1% der Weltbevölkerung, dass sind ungefähr 70 Millionen Menschen weltweit, leiden darunter (dabei ist wichtig zu beachten, dass dies nur die diagnostizierten Fälle umfasst, die Dunkelziffer ist wahrscheinlich noch erheblich höher. Viele Personen leiden unter den Symptomen einer Zwangsstörung ohne sich Hilfe zu suchen. Dies ist entweder der Fall, weil sie sich nicht bewusst sind, dass sie an einer psychischen Erkrankung leiden oder aber sie schämen sich für ihre Symptome und holen sich deshalb keine Hilfe)

- Mit entsprechender Behandlung, und da gibt es einige verschiedene Möglichkeiten, sind viele Betroffene in der Lage die Symptome der Krankheit in der Griff zu bekommen und ein erfülltes Leben zu führen ❤


❤️ Wenn du das Gefühl hast, dass du oder eine dir nahe stehende Person unter einer Zwangsstörung (oder auch anderen psychischen Erkrankung) leidest, dann bitte hol dir Hilfe. Schäme dich nicht für deine Krankheit, du kannst nichts dafür und dir kann geholfen werden.




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