Sunday, February 6, 2022

WILLKOMMEN - Hallo erstmal :)

Tja, wo fang ich an. Irgendwie habe ich mir lang überlegt, was ein toller erster bzw. tolle erste Posts wären, aber irgendwie ist es total schwierig anzufangen. Aber wahrscheinlich wäre es gut ganz von vorne zu beginnen, bei mir und meiner Geschichte, sodass ihr erstmal wisst, worum es überhaupt geht und was mich dazu bewegt hat, diesen Blog anzufangen. 

Ich bin Vivian, 30 Jahre alt und gerade Media Artist Student. Damit habe ich meinen absoluten Traumjob gefunden, meine Passion, und auch wenn das alles fantastisch klingt und so als wäre alles perfekt und glücklich, gibt es da doch etwas, dass mein Leben nachhaltig negativ prägt, mein Monster im Kopf. Dieses Monster heißt Waschzwang und es lebt seit ungefähr 5/6 Jahren nun da oben drin. Anfänglich war es klein, ein Schatten-Ghoul, der von Zeit zu Zeit durch die Gänge meines Gedankenschlosses huschte. Doch der Schatten wuchs mit der Zeit und wurde immer größer, dunkler und böser und eines Tages passierte es, dass es so groß wurde, eine große dunkle Wolke mit dämonisch grinsender Fratze und riesigen klauenartigen Händen, dass es die Überhand gewann und mich vollständig gefangen nahm. Seither bin ich im Kerker meines Gedankenschlosses an Armen und Beinen angekettet und komme nicht mehr frei. Das Monster jedoch wächst und wächst und wächst, es ernährt sich von meiner Energie und meinen Gedanken und während ich immer schwächer werde, wird das Monster immer stärker.

"Doch wie äußert sich das, was macht das Monster mit dir und was ist überhaupt ein Waschzwang?", werden sich einige fragen.

Angefangen, leider kann ich nicht sagen, was der entscheidende Auslöser war, hat es mit dem Bedürfnis, sich immer wieder die Hände zu waschen, immer öfter und immer länger, bis meine Haut an den Händen aufriss und anfing zu bluten. Damals wusste ich noch nicht was das ist und noch weniger, und das weiß ich eben bis heute noch nicht genau, wie und warum es anfing. Ich weiß welches Bild ich damit verknüpfe, aber was zu dem Zeitpunkt vor 5/6 Jahren der entscheidende Auslöser war, weiß ich leider nicht. Meine Tante sagte mir dann, nachdem ich mich ihr anvertraute, dass sich das Waschzwang nennt. 

Irgendwann breitete es sich dann weiter aus, wurde größer, und ich musste jeden Tag duschen, wenn ich nachhause kam, sprich, wenn ich zuvor das Haus verlassen hatte. Unter der Dusche musste ich mir aber regelrecht die Haut abschrubben und es dauerte immer ungefähr 1-2 Stunden, bis ich mich wohl genug oder besser gesagt sauber genug fühlte, um die Dusche wieder verlassen zu können. In dieser Zeit fing ich auch eine Hypnosetherapie an, durch die es zunächst nach einiger Zeit erste Verbesserungen gab, sodass ich nicht mehr duschen musste, wenn ich heim kam. Ich musste zwar noch Hände und Arme sehr lange waschen, aber nicht mehr duschen, jedoch konnte ich mich selbst nirgends berühren. Das heißt, bin ich mit der Hand an meinen Bauch oder meine Beine oder irgendwo anders dran gekommen, musste ich wieder lange Hände waschen. Das Einzige was ich berühren konnte, war mein Gesicht, aber auch nur, wenn ich die Hände lange gewaschen hatte und diese sich für mich dementsprechend sauber anfühlten.

Leider kam dann vor ca 1 Jahr ein Trigger, der unmittelbar mit dem Bild zu tun hatte, dass ich mit dem Zwang verknüpfe und das war zu viel für mich. An diesem Tag hatte ich auch die erste Panikattacke meines Lebens und mein Zwang explodierte regelrecht, er wurde schlimmer als jemals zuvor und so kam es dann, dass es mit dem Zwang nur noch bergab ging. Hände waschen half nicht mehr gegen das Gefühl von dreckig sein, duschen half auch nicht mehr. Mittlerweile stand ich 2-3 Stunden unter der Dusche und schrubbte mir regelrecht die Haut vom Körper, doch es wollte sich einfach kein Sauberkeitsgefühl einstellen. Letztes Jahr im April bin ich dann umgezogen aufgrund des Studiums, dass ich gerade mache und hatte die Hoffnung, dass damit alles besser wird und ich den Zwang in den Griff kriege und wieder normal leben kann, ich hatte sogar so gut wie alle meine Sachen verkauft, da ich diese überhaupt gar nicht mehr anfassen konnte. Jedoch kam es leider nicht so und mein Zwang wurde trotzdem schlimmer und schlimmer. An meinem neuen Wohnort schaffte ich es zumindest irgendwann, dass ich morgens ausgiebig die Hände wusch, nachdem ich zuvor mein Handy und Tablet mit Desinfektionstüchern abgewischt hatte, mich mit neu bestellten Klamotten anzog, meine alten Sachen konnte ich nämlich nicht mehr anziehen, obwohl sie frisch gewaschen waren, mir nochmal die Hände wusch und dann das Haus verlassen konnte und mich den ganzen Tag zu meinem Lieblings Iren in den Pub oder in mein Lieblingscafe setzte und mir gutes Essen und viel Ginger Ale bzw Homemade Ice tea und Matcha Latte bestellte und dort am Tablet meinem Studium nachging. Wenn ich abends heim kam musste ich mir, nachdem ich meine Klamotten ausgezogen hatte, wieder mindestens 1 Stunde die Hände waschen und konnte mich dann ins Bett legen. Am nächsten Tag ging das ganze wieder von vorne los. Sobald ich im Bett lag, konnte ich mit meiner linken Hand nichts mehr anfassen, denn auf dieser schlief ich und sonst hätte ich wieder lange die Hände waschen müssen. Das heißt, ab da konnte ich alles nur noch mit der rechten Hand machen, mit der ich mir dann aber nicht mehr ins Gesicht fassen durfte. Ihr seht schon, auch hier gab der Zwang schon viele Regeln vor, die mich einschränkten und mich Stunden an Zeit kosteten.

Dann, letztes Jahr im Juni, kam ein sehr guter Freund aus den USA zu Besuch, allerdings war ich dann bei ihm im Hotel, denn es durfte niemand meine Wohnung betreten, da ich die Person sonst nie wieder hätte anfassen können bzw sie mich, dann wäre kein Hände schütteln, keine Umarmung, nichts mehr möglich gewesen. Bevor ich zu ihm dann ins Hotel fuhr, musste ich auch neue Klamotten kaufen und 2 Stunden duschen, mich dann auf das frische Handtuch, dass ich auf den Boden gelegt hatte, stellen, dort alles Frische anziehen und einpacken und dann auf dem Handtuch aus der Wohnung rutschen, damit meine Schuhe auch nicht den Boden in der Wohnung berühren. Danach ging es mir aber eigentlich ganz gut und auch wo ich mit ihm im Hotel war, gab es fast keinen Zwang. Wir reisten dann auch eine Zeit lang zusammen rum und mir ging es gut, bis auf ein bisschen Hände waschen, spürte ich vom Zwang fast nichts. Zu der Zeit dachte ich, dass ich jetzt einen Knachpunkt bzw einen Wendepunkt hätte und den Zwang nun besiegen könnte. Als wir in Polen waren, trennten sich dann unsere Wege und jeder reiste noch ein bisschen alleine rum und dann machte ich einen entscheidenden Fehler, der das Kartenhaus, von dem ich dachte ich hätte es nun aufgebaut, zum Einsturz brachte, denn ich nahm einen Reisebus, um in die Stadt einer Freundin von mir zu kommen, um sie dann zu besuchen und achtete nicht auf die Reiserute des Busses. Tja, hätte ich das mal besser kontrolliert, denn einer der Busstops war genau in meiner Triggerstadt Nr. 1, diese Konfrontation war zu viel und auch viel zu früh und genau das brachte mein Kartenhaus zum Einsturz. Seither schaffe ich es nicht mehr den Zwang zu kontrollieren und er wird schlimmer und schlimmer und schlimmer. Mittlerweile ist es so schlimm, dass ich sogar kontrollieren muss, wo Produkte her kommen, also wo sie produziert werden, um zu vermeiden, dass sie aus meinem Triggerland kommen und ja, mittlerweile sind es nicht mehr nur die paar Städte, sondern das ganze Land. Der Zwang bestimmt meinen Alltag, wenn ich morgens aufstehe muss ich erstmal lange die Hände waschen, wenn ich gekocht habe, stehe ich auch mindestens 1 Stunde am Waschbecken, bis ich dann an den PC komme ist es meist schon 15 Uhr mittags, dann sitze ich bis abends am PC, außer ich muss dazwischen aufs Klo, dann muss ich mir auch wieder lange die Hände waschen und bevor ich abends ins Bett gehe das gleiche. Abends dann darf jedoch meine linke Hand nach dem Waschen nichts mehr berühren, da ich auf der Hand bzw dem Arm ja schlafe. Auch muss ich jeden einzelnen Schritt kontrollieren, den ganzen Tag, damit ich bloß nichts falsches berühre.

Wie ihr seht, ist das Monster in meinem Kopf mittlerweile riesen groß und sehr bedrohlich und gefährlich. Es bestimmt meinen ganzen Alltag, worunter ich sehr leide. Das ist sehr belastend und ich frage mich oft "Warum ich? Warum ist das passiert und warum so?" 

Genau deshalb habe ich mich dazu entschieden, diesen Blog anzufangen, denn ich möchte drüber sprechen und zeigen, dass nur weil man eine Krankheit und Verletzung nicht sieht, das nicht heißt, dass sie nicht da ist und die Betroffenen nicht qualvoll drunter leiden. Innerer, seelischer Schmerz, kann genauso weh tun wie körperlicher Schmerz und innerer Schmerz kann auch körperlich werden und als körperlicher Schmerz gefühlt werden. Bei mir zum Beispiel ist es so, dass jedesmal Hände waschen und duschen eine Qual für mich ist und ich am liebsten schreien würde und dann spüre ich die seelischen Schmerzen als unerträgliches Brennen im ganzen Körper. Leider sind psychische Krankheiten immer noch ein Tabuthema in der Gesellschaft und die Betroffenen werden ausgegrenzt und müssen sich Sprüche anhören wie "Stell dich nicht so an", "Reiß dich zusammen", "Sei nicht so empfindlich", etc etc. Dadurch schämen sich Betroffene für ihre Krankheit, versuchen diese zu verstecken und trauen sich nicht, darüber zu sprechen. Auch ich habe lange gebraucht, offen damit umgehen zu können und darüber zu sprechen, trotzdem schäme ich mich immer noch dafür. Jedoch sollte sich niemand dafür schämen krank zu sein, schon dreimal nicht, wenn man chronisch krank ist. Niemand sucht es sich aus eine Krankheit zu bekommen und eins könnt ihr mir glauben, jeder mit einer psychischen Krankheit würde sich sofort dafür entscheiden gesund zu sein, wenn er sich das aussuchen könnte. Aber so einfach ist es leider nicht und zumeist sind psychische Krankheiten auch schwieriger zu behandeln als körperliche Krankheiten bzw. der Heilungsweg dauert wesentlich länger und das Risiko wieder einen Rückfall zu haben, ist auch nicht zu unterschätzen. 

Ich habe mich nun freiwillig in stationäre Behandlung begeben, da ich so einfach nicht weiter leben kann. Der Zwang ist zu belastend und ich möchte einfach nur wieder gesund werden und normal leben können.

Ich möchte hier für das Thema psychische Krankheiten sensibilisieren und darüber berichten, wie das Leben mit Zwang für mich ist. Natürlich möchte ich auch über meinen Klinikaufenthalt und -alltag berichten und euch auf meinen Weg in Richtung der Heilung und eines wieder normalen Lebens mitnehmen.

💜 Bitte scheut euch nicht hier in den Kommentaren oder mir persönlich, entweder über das Kontaktformular unten oder auf Instagram, zu schreiben, wenn ihr Fragen oder vielleicht auch ein Thema habt über das ihr hier gern auf meinem Blog lesen würdet oder vielleicht auch selbst von einer Zwangsstörung oder anderen psychischen Krankheit betroffen seid und euch austauschen wollt. 

-> Bitte bleibt freundlich in den Kommentaren, psychische Krankheiten sind ein sehr sensibles Thema und es fällt Betroffenen schon schwer genug, sich zu offenbaren und darüber zu sprechen. Hässliche Kommentare, sei es diskriminierend, Mobbing oder sonst eine abscheuliche Art jemanden anzugehen, werden von mir gelöscht. Sowas möchte ich hier nicht haben. Der Ton macht die Musik und hier möchte ich einen freundlichen und respektvollen Umgang miteinander :)

💙 Ich habe auch auf Facebook eine Gruppe erstellt für alle die sich über das Thema austauschen wollen: Life with the monster in my head

 

 

 

 

 

 

No comments:

Post a Comment

You might interested in

My decision for deep brain stimulation

As you know by now, unfortunately I have been suffering from OCD for almost 8 years now, which unfortunately is getting worse and worse in...

most liked posts